• Dossier

Der Greenwashing Check

Wahrheit oder Pflicht

Greenwashing, White Washing, Greenhushing, Grünfärberei – der Vorwurf dahinter ist letztlich immer der Gleiche: Verbraucher:innen werden mit grünen Werbeaussagen in die Irre geführt. Ganz gleich ob Unternehmen ihren Claim, ihre Kampagne, ihr Umweltlabel oder ihren Produkttext vorsätzlich, aus Unwissenheit oder aus Naivität erstellt haben, ein falsches Umweltversprechen kann ihnen teuer zu stehen kommen. Und wer es mit der Wahrheit in Zukunft nicht so eng nimmt, wird in Zukunft noch stärker in die Pflicht genommen.

Greenwashing mit falschen Klimaneutralitätsversprechen

Kurz vor Weihnachten war es wieder so weit. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat sieben weitere Unternehmen wegen verbrauchertäuschender Werbung mit angeblicher Klimaneutralität an den Pranger gestellt und entweder zur Unterlassung aufgefordert oder Anklage erhoben. Dabei handelt es sich um Firmen quer durch alle Branchen: den Technologiekonzern Apple, den Ölkonzern AVIA, den Lebensmittelhersteller Barilla Deutschland, den Tabakkonzern British American Tobacco, den Schreibwarenhersteller Edding, den Energieversorger Entega Plus und den Energiedienstleister ZG Raiffeisen.

Die DUH geht schon seit einiger Zeit vehement gegen irreführende Klimaversprechen vor. Die Liste der angeklagten Unternehmen ist lang und die Erfolge zeigen, dass das unternehmerische Engagement für den Schutz des Klimas offensichtlich zu leichtsinnigen Versprechen verleitet: „Wir haben inzwischen über 40 Verfahren zu irreführenden Klimaneutralitätsversprechen eingeleitet. Alle abgeschlossenen Fälle haben wir zugunsten des Verbraucherschutzes entweder vor Gericht gewonnen oder die Unternehmen haben sich außergerichtlich dazu verpflichtet, Werbung in dieser Form zu unterlassen“, fasst Agnes Sauter, DUH-Leiterin Ökologische Marktüberwachung, in einer öffentlichen Bekanntmachung zusammen. Sie stellt zugleich einen ersten Wandel fest. Immer mehr würden Unternehmen erkennen, dass sie Verbraucherinnen und Verbraucher damit täuschen.

Green Claims im Hinblick auf Klimaversprechen werden derzeit besonders ins Visier genommen. Sie sind aber nur ein sehr kleiner Ausschnitt dessen, was auf die Wirtschaft zukommt, wenn die Green Claims Directive (GCD) der EU in Kraft treten sollte.

„Wir haben inzwischen über 40 Verfahren zu irreführenden Klimaneutralitätsversprechen eingeleitet. Alle abgeschlossenen Fälle haben wir zugunsten des Verbraucherschutzes entweder vor Gericht gewonnen oder die Unternehmen haben sich außergerichtlich dazu verpflichtet, Werbung in dieser Form zu unterlassen.“

Agnes Sauer, Leiterin Ökologische Marktüberwachung, Deutsche Umwelthilfe

Gleich mal die Sanktionen vorneweg

Umweltfreundlich, klimaneutral, öko – wer künftig nicht objektiv und auf anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhend, für Verbraucher:innen leicht zugänglich, unabhängig geprüft und mit einer Konformitätsbescheinigung bestätigt nachweisen kann, was er in seiner grünen Produkt- oder Unternehmenswerbung behauptet, der hat mit Inkrafttreten der neuen Richtlinie einen ganzen Strauß an Strafen zu befürchten.

30 Tage hat man Zeit, um geeignete Korrekturmaßnahmen einzuleiten. Danach könnten je nach der Art, Schwere, Umfang und Dauer des Verstoßes, seinem Charakter, der Finanzkraft des Verantwortlichen, dem wirtschaftlichen Nutzen aus dem Verstoß und etwaigen früheren Verstößen die folgende Sanktionen ergriffen werden:

  • Beschlagnahmung des Produkts,
  • Einziehung der Einnahmen aus den von dem Verstoß betroffenen Transaktionen,
  • vorrübergehender Ausschluss von öffentlichen Aufträgen,
  • vorrübergehendes Verbot für das in Verkehr bringen,
  • Geldbußen in Höhe von mindestens 4 % des gesamten Jahresumsatzes des Gewerbetreibenden in dem betreffenden Mitgliedsstaat bzw. -staaten

Wen betrifft das? Alle Gewerbetreibenden mit Ausnahme von Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten und einem Jahresumsatz von höchstens 2 Mio. Euro.

Green Claims-Richtlinie: Was ist das eigentlich?

Der Vorschlag für die Green Claims-Richtlinie entstand als Reaktion auf die wachsende Anzahl von Umweltbehauptungen, die von Unternehmen gemacht wurden, ohne dass klare und verbindliche Regeln für die Substantiierung und Kommunikation solcher Behauptungen existierten („Greenwashing“). Mit der Green Claims Directive (GCD) hat die Europäische Kommission am 22. März vergangenen Jahres einen Vorschlag gemacht, um Verbraucher:innen vor irreführenden Umweltansprüchen zu schützen und die Transparenz und Verlässlichkeit von grünen Behauptungen in Geschäftspraktiken zu verbessern. Der Vorschlag wurde dem Europäische Parlament und dem Rat vorgelegt, wo er durch den gesetzgeberischen Prozess läuft, bevor er in Kraft treten kann.  Der genaue Zeitpunkt hängt von den Fortschritten im Gesetzgebungsverfahren ab. Dass die Richtlinie in Kraft treten wird, gilt jedoch als gesichert.

Die Green Claims-Richtlinie soll als Ergänzung zu den bestehenden EU-Verbraucherschutzvorschriften wie die Richtlinie für unlautere Geschäftspraktiken gelten und basiert auf weiteren Richtlinien und Initiativen im Rahmen des europäischen Green Deals. So etwa der Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel, dem Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft und den Vorschlag für eine Verordnung über Ökodesign-Anforderungen für nachhaltige Produkte.

Was ist künftig untersagt beziehungsweise was soll verhindert werden?

  • Nachhaltigkeitsaussagen, die nicht wissenschaftlich untermauert sind
  • Ungenaue, verallgemeinernde Aussagen
  • Claims, die etwas bewerben, dass ohnehin gesetzlich geregelt ist
  • Umweltlogos von privaten Betreiber:innen
  • neue nur für den nationalen Markt geltende Umweltsiegel
  • Täuschungen über ökologische und soziale Auswirkungen, Haltbarkeit und Reparierbarkeit

Dies ist nur ein kleiner Auszug der vielen neuen Regelungen, die auf Unternehmen demnächst zukommen könnten.

Ein erster Schritt um Greenwashing zu verbieten, ist bereits erfolgt: Im vergangenen September haben sich das Europäische Parlament und Rat darauf geeinigt, dass bestehende Verbraucherschutzvorschriften geändert werden, damit Verbraucher:innen leichter umweltwirksamer Kaufentscheidungen treffen können und besser vor unzuverlässigen oder falschen Umweltaussagen geschützt werden.

Der Greenwashing Check

Für Unternehmen kann dies nur eins bedeuten: Sich umgehend vorbereiten. Wir helfen Ihnen dabei. Mit dem Greenwashing Check prüfen unsere ESG- und Kommunikations-Expert:innen wie angreifbar Ihre bisherige Kommunikation ist und geben Empfehlungen, was umgestellt werden sollte. Dos und Don’ts sowie Checklisten für künftige umweltbezogene Werbeaussagen geben einen Überblick, auf was man am besten ab sofort achten sollte. Das betrifft den Slogan auf der nächsten Außenwerbung, genauso wie den Text auf der Unternehmenswebsite oder das Layout der Produktverpackung. Um das Thema fest in Ihre eigenen Unternehmensstrukturen zu verankern und die internen Teams fit zu machen, schulen wir Ihre Mitarbeitenden in der Marketingabteilung oder der Unternehmenskommunikation. Die folgenden sieben Tipps geben einen ersten Einblick:

 

7 Tipps

  1. Proof it! Treffe ausschließlich Nachhaltigkeitsaussagen, die wissenschaftlich nachgewiesen sind.
  2. Nimm es ganz genau: Mache deutlich, auf was genau sich Deine Aussage konkret bezieht. Das Unternehmen, ein Produkt oder nur einen Teilaspekt?
  3. Keine Schönfärberei. Stelle nicht nur alles positiv dar, sondern mache auch negative Umweltauswirkungen und Zielkonflikte transparent.
  4. Spieglein, Spieglein an der Wand… Lasse Dich nicht zu Übertreibungen hinreißen.
  5. Bewerbe nichts, was ohnehin gesetzlich vorgeschrieben ist.
  6. Eigenes Umweltlogo? Am besten einstellen.
  7. Big picture. Stelle sicher, dass die beworbene Umweltleistung nicht erhebliche Verschlechterungen anderer Auswirkungen zur Folge hat.

Glaubwürdigkeit ist entscheidend

Ehrlich und transparent zahlt sich aus; nicht nur im Hinblick auf mögliche Sanktionen. Denn was für ein Unternehmen langfristig noch viel drastischere Folgen haben könnte, ist der Imageschaden. Das zeigt unter anderen die Studie „Greenwashing vs. Greenacting“ des Nürnberg Instituts for Market Decisions (NIM) vom Juli 2023. Dabei wurden die Wünsche, Erwartungen und Perspektiven von Konsument:innen und Marketingmanager:innen in acht Ländern abgefragt.

Demnach ist über Dreiviertel (76 %) der 8.008 befragt Konsument:innen nachhaltiges Einkaufen wichtig. Wurde ein Unternehmen jedoch schonmal wegen eines falschen oder irreführende Nachhaltigkeitsversprechens vorgeworfen, würden 7 von 10 dieses meiden.

Und was sagen die Unternehmen? Wurden auch 29 % der Unternehmen schon einmal öffentlich mit Greenwashing-Vorwürfen konfrontiert, so sieht offensichtlich die Mehrheit trotz aller Risiken vor allem die Potenziale: Über die Hälfte (52 %) der in der Studie befragten Unternehmen geben an, dass sie bereits Nachhaltigkeitsversprechen auf der Verpackung oder in der Werbung nutzen. Weitere 30 % planen dies für die Zukunft.

Am besten ohne Greenwashing.
Check.

Für die Studie „Greenwashing vs. Greenacting“ des Nürnberg Instituts for Market Decisions (NIM) vom Juli 2023 wurden über 8.000 Konsument:innen und Marketingmanger:innen von 805 Unternehmen in acht Ländern befragt.

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